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Umweltmeldung wegen ungenügend durchgeführten Kompensationsmaßnahmen (DLR-Erweiterung)

Die Schutzgemeinschaft Harthäuser Wald e.V. hat eine Umweltmeldung wegen ungenügend durchgeführten Vermeidungs- und Kompensationsmaßnahmen im Vorfeld der anstehenden Rodungen für die geplante DLR-Erweiterung erstattet.

Als im Juli diesen Jahres in der Heilbronner Stimme gemeldet wurde, dass im Oktober die Rodungen anlässlich der DLR – Erweiterung vorgenommen würden, wurden wir hellhörig, da bekannt war, dass damit erst im November begonnen werden dürfe, um dem Tötungsverbot von möglicherweise hier überwinternden Fledermäusen (Gr. Abendsegler) gerecht zu werden.

Nachrichtlich an das LRA HN fragten wir Bürgermeister Brunnet an. Er teilte uns mit, dass man selbstverständlich alle Auflagen erfüllen werde und Rodungsbeginn im November sei. Im Übrigen verwies er uns bzgl. des Maßnahmenstandes an die DLR selbst (Klaus Schäfer, stv. Direktor) und an das Büro Mörgenthaler, das nicht nur die SAP (Spezielle Artenschutzrechtliche Prüfung) erstellt hatte, sondern zudem im Januar mit der ökologischen Baubegleitung beauftragt worden war.

Klaus Schäfer reagierte auf unsere Anfrage sehr ablehnend, das Büro Mörgenthaler antwortete auf keine unserer 4 Mails. Hr. Brunnet und Hr. Schäfer ignorierten unsere letzten beiden Anfragen ebenfalls, obwohl sie nach UVwG zur Auskunft verpflichtet sind.

Die Ergebnisse der angeblich im Frühjahr stattgehabten Erfassungen der Brutvögel und Fledermausvorkommen haben wir - trotz Nachfrage - bisher nicht erhalten.

Der Maßnahmenkatalog, der die Grundlage der Genehmigung darstellt, ist sehr umfangreich und umfasst u.a. folgende Auflagen:

Bei nun regelmäßigen Begehungen (ab Juli 2016) konnte keine Umsetzung der o.g. Maßnahmen festgestellt werden. Vermutlich aufgrund unserer Hartnäckigkeit wurde Ende Oktober mit dem Absammeln von Feuersalamandern durch das inzwischen beauftragte Büro Wolf begonnen. Das Aufstellen eines Amphibienzaunes zur Verhinderung der Rückkehr ins Rodungsgebiet fand erst einige Tage später statt; das „Ersatzhabitat“ wurde nicht umzäunt. An den ersten beiden Abenden (24. u. 25.10.) wurden 22 Feuersalamander deportiert. Es handelt sich hier offensichtlich um eine bedeutsame Population!

Wir wandten uns mit einigen Fragen zu den Feuersalamandern an den Landschaftsökonomen, Amphibienexperten und Autor mehrerer Amphibienfachbücher Hubert Laufer.

Er beurteilt die aktuellen Maßnahmen am 28.10.2016 wie folgt (eine Genehmigung, ihn zu zitieren liegt vor):

„Die meisten Amphibien sind jetzt in der Winterruhe und können daher nicht mehr umgesiedelt werden. Feuersalamander können noch aktiv sein, aber auch hier wird es so sein, dass viele schon ihre Winterruhe machen. Jetzt ist die Frage ab wann wurde umgesiedelt. Wenn erst vor einer Woche begonnen wurde, werden viele der Amphibien auf der Fläche verbleiben und beim Roden getötet werden.

Wenn die neue Fläche nicht aufgewertet wurde und nicht eingezäunt ist, werden die Amphibien abwandern. Ein Teil wird dann auch wieder zurückwandern. Es ist auch fraglich, ob sie so spät im Jahr in einem neuen Lebensraum ein geeignetes Winterquartier finden. Auch da gehe ich davon aus, dass die meisten Tiere zu Tode kommen.

 Erfolgreiche Umsiedlungen sind generell sehr schwierig. Zuerst müssten für die jeweiligen Arten ein geeigneter Lebensraum hergestellt oder aufgewertet werden. Danach muss der neue Lebensraum eingezäunt werden. Dann muss der neue Lebensraum die ökologische Funktion erfüllen, dies bedeutet geeignete Winterquartiere,   Fortpflanzungsgewässer, Jagdhabitate  und ausreichend Versteckplätze. Ist das alles fertig kann umgesiedelt werden. Aber auch da ist es wichtig, dass im Frühjahr angefangen wird und mind. ein Jahr lang Tiere abgefangen und umgesiedelt wird.“

Da deutlich wurde, dass das Versäumnis, die Genehmigungsauflagen umzusetzen, für die betroffenen Tiere den sicheren Tod bedeuten würde und zudem einen Straftatbestand darstellt, erstatteten wir am 30.10.2016 eine Umweltmeldung:

„Die Umweltmeldestelle im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft leitet die bei ihr eingehenden Meldungen, die auch anonym erfolgen können, an die zuständigen Behörden weiter und fordert diese auf, den Sachverhalt zu prüfen und gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Wenn die Meldung nicht anonym erfolgt ist wird ihr Erstatter auch über den Ausgang des Verfahrens, insbesondere über die in die Wege geleiteten Abhilfemaßnahmen, informiert.“

Es ist keinesfalls hinzunehmen, dass Genehmigungsauflagen mutwillig ignoriert werden. Erst in dieser Woche war in den Medien zu vernehmen, dass laut einer Studie des WWF seit 1960 60% der Wirbeltiere verschwunden seien! Die Fauna verschwinde sogar in einem „beispiellosen Tempo. Wir hoffen sehr, dass das LRA nun seiner Aufgabe nachkommt und die Rodungen bis zur vollständigen Umsetzung aller Auflagen untersagt!

WWF-Studie: 60 Prozent der Wirbeltiere verschwunden

Der Mensch zerstört Lebensräume, verschmutzt die Umwelt und verändert das Klima. Immer mehr Arten sterben deshalb aus, berichtet der WWF. Sorgen machen sich die Umweltschützer auch um die Tierwelt in Deutschland.

Die ungebremste Expansion des Menschen auf der Erde hat zerstörerische Folgen für die anderen Bewohner des Planeten: Wie der WWF am Donnerstag in der Studie »Living Planet« berichtet, sind die Bestände der Wirbeltiere weltweit zwischen 1970 und 2012 um knapp 60 Prozent zurückgegangen. Die Fauna des Planeten schwinde „in beispiellosem Tempo", sagte der Generaldirektor der Umweltschutzorganisation, die die Untersuchung gemeinsam mit der Zoological Society of London erstellt hat. Die Wissenschaftler hatten über viele Jahre rund um den Globus etwa 14.000 Populationen von 3700 verschiedenen Tierarten beobachtet und gezählt.