Fledermausaktivitäten


Der Harthäuser Wald ist ein artenreiches, sensibles Ökosystem. Hier leben sicher nachgewiesen 16 der 25 in Deutschland vorkommenden Fledermausarten, 2 weitere werden vermutet. Es ist bekannt, dass Fledermäuse an Windkraftanlagen ums Leben kommen können. Sie sind nicht in der Lage, die Rotorbewegung von schräg oben mit ihrem Echoortungssystem wahrzunehmen. Aufgrund ihres neugierigen Wesens untersuchen sie die Gondeln nach Quartiermöglichkeiten, insbesondere im Frühjahr auf der Suche nach Wochenstubenquartieren und im Spätsommer auf der Suche nach geeigneten Paarungsquartieren. Sie halten die Anlagen für große, abgestorbene Bäume.
Einige Fledermausarten ziehen ähnlich den Zugvögeln mehrere hundert Kilometer weit. Dabei fliegen sie hoch über den Bäumen und kollidieren hier mit den für sie unerwarteten Windrädern.
Deshalb orientierte man sich bei der Genehmigung der Windkraftanlagen im Harthäuser Wald an einem festgelegten Algorithmus, nach dem die Anlagen von April bis August 1 Stunde vor Sonnentergang bis zum Sonnenaufgang abschalten müssen, im September und Oktober bereits 3 Stunden vor Sonnenuntergang. Man glaubt, dass Fledermäuse bei Temperaturen unter 10 °C und Windgeschwindigkeiten über 6 m/s nicht aktiv seien, und deshalb ist der Betrieb unter diesen Bedingungen gestattet.
Allerdings fiel sehr früh auf, dass sich die Fledermausaktivitäten hier nicht mit den Voraussagen decken. Bereits während wir die Amphibien am Seehaus einsammelten, flogen Fledermäuse bei Temperaturen unter 10 °C. Und auch während des Betriebs der Anlagen (wenn man lt. Algorithmus eigentlich keine Fledermäuse erwarten dürfte), waren Fledermäuse zu sehen – zumindest bis zum Einbruch der Dunkelheit.
Damit war aber unser Interesse geweckt: bei welchen Bedingungen sind die Fledermausaktivitäten eher hoch, und wann eher niedrig?
Um eine aussagekräftige Erhebung machen zu können, müsste man verschiedene Parameter (mindestens Temperatur und Windgeschwindigkeit) in unterschiedlichen Höhen und die jeweiligen Fledermausaktivitäten messen und in Beziehung setzen.
Da uns dazu die Möglichkeit fehlt und wir auch keinen Einblick in die an den Gondeln erhobenen Parameter erhalten, können hier nur Beobachtungen und Eindrücke wiedergegeben werden.
Man weiß inzwischen, dass Fledermäuse weit höher fliegen als bisher angenommen, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass hohe Fledermausaktivitäten „am Boden“ ein hohes Kollisionsrisiko bedeuten könnten, da dann auch eine größere Anzahl an Tieren in Rotornähe angenommen werden kann.
Zudem fiel in den vergangenen 3 Monaten seit 1. April auf, dass fast keine Nacht verging, an der nicht eine oder mehrere (häufig sogar alle) Anlagen in Betrieb waren. Das lässt nur zwei Schlüsse zu: entweder kommt es hier tatsächlich häufig zu Windgeschwindigkeiten über 6 m/s (obwohl man das in diesem windschwachen
Gebiet nicht erwarten dürfte). Das ließe befürchten, dass sich die Fledermäuse adaptiert haben und auch bei diesen Windaufkommen aktiv sind. Beim Fledermausseminar im Juli sagte einer der Teilnehmer, (ein Biologe, der Gutachten erstellt), wörtlich zu mir: „die Fledermäuse im Norden sind härter im Nehmen als eure – die fliegen auch bei 12 m/s“!
Oder es kommt doch immer wieder zu fehlerhaftem Betrieb der Anlagen. Beides wäre verheerend. Bereits jetzt ist anzunehmen, dass die Verluste sehr hoch, vielleicht sogar erheblich, sind.
Obwohl die zunächst unbemerkt gebliebenen „Einstellungsschwierigkeiten“ Anfang April, sowie der unkontrollierte Betrieb über 2 Wochen infolge des Blitzschlags Anfang Juni behoben sein sollen, werden trotz der Versuche, uns mittels Verbotsschildern und Überwachungskameras an der Suche zu hindern, immer wieder weitere Schlagopfer gefunden. Die ZEAG selbst leistet sich zwei Mal täglich die Absuche der Schotterfläche – ein teures Unterfangen, dafür, dass angeblich alles bestens ist und gar keine Schlagopfer anfallen!

        

       

 

  
Am 16. Februar 2012 trafen sich in Frankfurt 50 Fledermausexperten und Fachgutachter um sich mit dem Thema Auswirkungen der Windkraft auf Fledermäuse auseinanderzusetzen und um „ein weiteres Vorgehen zum Schutz dieser von Windkraft massiv betroffenen Tiergruppe zu besprechen und sich entsprechend zu positionieren“. Sie fordern eine komplette Nachtabschaltung im ersten Betriebsjahr der Anlagen zw. April und Oktober, um für jede Anlage einen spezifischen, die tatsächlichen Fledermausaktivitäten abbildenden Algorithmus zu erstellen. Der im Harthäuser Wald angewendete Algorithmus wurde an kleineren im Offenland betriebenen Anlagen erstellt und ist nicht ohne weiteres auf ein Mischwaldgebiet übertragbar. Eine eigene Erhebung nach der Expertenforderung wäre unabdingbar gewesen.
Am 22.08.2016 veröffentlichte Spiegel online den Artikel: „Fledermaussterben – Tod im Windrad“. Hier heißt es unter anderem:
"Getötete Fledermäuse fehlen in einer Population schmerzlich, denn die Tiere vermehren sich nur sehr langsam", betont Voigt. Außerdem seien sie nützlich. Neben Mücken vertilgen sie auch massenweise Käfer und Raupen an Nutzpflanzen. "Sie vollbringen damit eine enorme Ökosystemdienstleistung, die Landwirte sehr schätzen sollten."
„In Deutschland kommen laut Bundesverband für Fledermauskunde etwa 25 von weltweit knapp 1400 bekannten Fledermausarten vor, die hierzulande alle streng geschützt sind. Der Bestand von 18 von ihnen ist nach Angaben von Experten gefährdet.“
Einen weiteren Ausbau von Windkraft im Harthäuser Wald halten wir für unverantwortlich und würden uns wünschen, dass nicht nur Landwirte, sondern besonders die Genehmigungsbehörden und die Politik die Notwendigkeit des Erhalts von Fledermäusen erkennen würden. Dabei dürfte das gar keine Frage sein: für alle Fledermausarten gilt das Verschlechterungsverbot, dem sich Deutschland durch Teilhabe am Euro Bats Abkommen verpflichtet hat.
Von den Fledermausaktivitäten haben wir Aufnahmen erstellt und veröffentlichen einige davon auf einer gesonderten Seite der Homepage. Dazu wurde ein Detektor der Marke „Batscanner“ verwendet, der alle eingehenden Ultraschallfrequenzen automatisch erkennt. Diese wurden per MP3 Player Marke „Olympus“ mitgeschnitten. Dabei ergeben sich bei hohen Aktivitäten einmalige, geradezu orchestrale Klangbilder. Und sie verdeutlichen, was mit „hoher Aktivität“ eigentlich gemeint ist - denn da wir Fledermäuse nachts weder sehen noch hören können, haben die meisten von uns gar keine Vorstellung davon.

Die Aufnahmen kann man sich unter  http://www.schutzgemeinschaft-harthaeuser-wald.de/j/index.php/downloads/category/2-fledermaus-aufnahmen anhören.

 

 

Amphibiengeschichten und –Sorgen

Die ersten Vorfahren der heutigen Frösche verließen vor 400 Millionen Jahren die Gewässer. Sie waren sogar schon vor den Dinosauriern da. Ihre Hintergrundaussterberate erwies sich als äußerst gering, weshalb es auch nur wenige fossile Funde von Amphibien gibt. Man geht davon aus, dass etwa alle 1000 Jahre eine Art ausstarb. Das bedeutet, dass ein solches Ereignis während eines Menschenlebens nicht erfasst werden konnte. Heutzutage aber erlebt nahezu jeder Herpetologe, der im Feld arbeitet, das Aussterben gleich mehrerer Arten. Amphibien zählen inzwischen zu der bedrohtesten Tierklasse überhaupt. Ihre Aussterberate ist derzeit um das 45 000 – fache (!) höher als ihre Hintergrundaussterberate!!! Dicht gefolgt von anderen Tierarten. „Experten schätzen, dass ein Drittel aller riffbildenden Korallen, ein Drittel aller Süßwassermollusken, ein Drittel der Haie und Rochen, ein Viertel aller Säugetiere, ein Fünftel aller Reptilien und ein Sechstel aller Vögel vom Aussterben bedroht sind“ (E. Kolbert, Das Sechste Sterben).

Obwohl der Forst den Harthäuser Wald seit Jahrzehnten möglichst naturnah bewirtschaftet hat (wofür auch die insgesamt hohe Artenvielfalt spricht), ist hier dennoch ein starker Rückgang verschiedener Amphibien zu verzeichnen. Die Ursachen sind vielfältig.

 Gelbbauchunken

Umso erfreulicher war es, als zwei von der ökologischen Baubegleitung und dem Forst neu angelegte Teiche sofort von Gelbbauchunken angenommen wurden! Und vor allem, als unsere Hoffnungen erfüllt wurden, und sie sich in diesem Jahr wieder dort einfanden! Regelmäßig waren an lauen Abenden ihre betörenden Gesänge weit zu hören! Zwar wanderten sie immer wieder auch in nicht sehr weit entfernte Pfützen und Fahrspuren ab, aber an diese Teiche kehrten die Tiere immer wieder zurück.

     

 

Ende Juli fiel am kleinen Teich eine Algenbildung auf. Das ist zunächst nicht von Belang; Algen können Schutz und Nahrung bieten. Innerhalb einer Woche jedoch war fast der komplette Teich von einer dicken Algenschicht überzogen, die eine Konsistenz von Filz hatte. Zunächst waren wir unsicher, ob wir Maßnahmen ergreifen sollten, entschieden uns dann aber dafür und fischten die Algen vorsichtig mit einem Kescher ab.

 

         

 

Der Teich erholte sich sehr rasch, und kurz darauf entdeckten wir das erste Jungtier.

 

      

 

Aufgrund unglücklicher Verquickungen kam es im Rahmen der Waldkalkung dazu, dass ein großer Kalkhaufen zum Beladen des Hubschraubers direkt neben dem kleineren der beiden Teiche abgelagert wurde.

 

                      

 

Wir sahen das mit großer Sorge, aber unvermeidlich wurde der komplette Teich mitsamt Flora und Fauna dick überpudert.

 

                     

 

Und mittendrin, auch mit Kalk bestäubt: Jungunken!

 

          

  

 

Wir nahmen sofort Wasserwerte: der ph – Wert ergab erwartungsgemäß erhöhte Werte (8,5); Nitrit und Nitrat waren aber glücklicherweise unauffällig; nachdem wir uns ein umfangreicheres Laborset besorgt hatten, konnten wir auch für Ammonium/Ammoniak unbedenkliche Werte festellen.

Mutschmann schreibt („Erkrankungen der Amphibien“):

„Normalerweise eignet sich für Amphibien ein neutraler ph – Wert (7) oder ein leicht saures Milieu. Werte über 8 sollten strikt vermieden werden! (…)

Stickstoffverbindungen reichern sich im Wasser durch den Abbau organischen Materials an, wobei als erste Stufe ein Ammoniak – Komplex entsteht, welcher in Abhängigkeit vom ph – Wert schädlich auf die Tiere wirkt. Bei einem ph – Wert <7 tritt das ungiftige Ammonium auf, im basischen Bereich bildet sich der hochtoxische Ammoniak. Mithilfe von Sauerstoff und Bakterien entsteht aus dem Ammoniak – Komplex Nitrit und Nitrat. Nitrit ist ebenfalls stark toxisch und sollte rasch in das ungiftigere Nitrat umgebaut werden. Der Prozess der Denitrifikation kann nur durch eine genügend präsente Bakterienflora erfolgen. (…) Wichtig ist in diesem Zusammenhang die notwendige Sauerstoffzufuhr. Sauerstoffmangel führt zur Verlangsamung oder gar zur Umkehr der Denitrifikation. Die Werte für Ammoniak sollten 0,01 mg/l, für Nitrit 0,15 mg/l und für Nitrat 40 mg/l nicht überschreiten.“

Wir berieten uns mit einem langjährigen ortsansässigen Amphibienschützer und dem Forst und gelangten rasch zu dem Ergebnis, dass eine Sauerstoffeintrag mittels Zufuhr von Wasser nur eine kurzfristige Entspannung bringen würde.

Also setzten wir die Jungunken mit Genehmigung des Forstes in den größeren, unbelasteten Nachbarteich um, der von den Gelbbauchunken auch sehr gerne genutzt wird. Für eine Kröte kam unsere Hilfsaktion jedoch leider zu spät. Sie trieb tot im Teich.

 

       

 

Wir konnten 8 Jungunken bergen, am nächsten Tag eine weitere, außerdem zwei junge Braunfrösche. Im größeren Teich fanden sich bei einer kurzen Umrundung desselben bereits 5 Jungunken, sowie ein adultes Tier.

Erstaunlich robust erwiesen sich bisher die Molchlarven, die wir im kleinen Teich belassen mussten.

Wir werden weiterhin regelmäßig Wasserproben nehmen und die Entwicklung beobachten. Wir hoffen sehr, dass sich der kleine, bei uns und den Unken sehr beliebte Teich, bis zum nächsten Frühjahr erholt!

 

Krötengoldfliege

Mit einem für uns völlig unerwarteten Problem sahen wir uns plötzlich Anfang August konfrontiert, als mir zufällig morgens eine kranke Erdkröte am Wegesrand im Wald auffiel. Ihre Nasenlöcher waren auffällig aufgeweitet, das Tier selbst schlapp – und v.a. für diese Tierart ungewöhnlich, tagsüber „aktiv“.

      

 

Wir befragten Dr. Google. Das Ergebnis war alles andere als erfreulich, denn es deutete auf einen Befall mit der Krötengoldfliege (Lucilia bufonivora) hin. Um ganz sicher zu gehen, müsste man die Maden genau bestimmen lassen.

Eine Bedrohung durch den sich weltweit epedemieartig ausbreitenden Chytridpilz (Batrachochytrium dendrobatidis), hatten wir zwar auf dem Schirm, die Krötengoldfliege aber irgendwie nicht. Der Chytridpilz hat in Mittel – und Südamerika zahlreiche Amphibienarten stark dezimiert und tw. ausgerottet. Erste Fälle sind bereits aus Südeuropa bekannt.

Die Krötengoldfliege gehört zur Familie der Schmeißfliegen. Sie legt ihre Eier auf Kopf oder Rücken der Amphibien (vor allem der Erdkröten), wo die Maden nach dem Schlupf über die Nasenlöcher in das innere Gewebe gelangen und die Tiere von innen aufgefressen werden, mitunter samt Knorpel und Knochen.

Typisch ist die Aufweitung der Nasenlöcher, und später Deformierungen des Kopfes. Die befallenen Tiere sind zudem tagsüber zu sehen, sie suchen häufig Pfützen auf und sind sehr schlapp.

In Wikipedia heißt es:

„Über den Befall von Amphibien mit Lucilia- Larven liegen unter anderem aus Mitteleuropa viele Einzelbeobachtungen, aber nur wenige systematische Untersuchungen vor. (…) Die Auswirkungen auf die Bestände von Amphibien können nicht abschließend eingeschätzt werden. Unter für die Goldfliegen günstigen Rahmenbedingungen werden auch einmal bedeutendere Anteile einer Krötenpopulation, offenbar insbesondere größere, v.a. weibliche Tiere, in ihrem Sommerlebensraum durch Madenbefall getötet. Insofern kann Myiasis durchaus ein nennenswerter Mortalitätsgrund auf Populationsniveau sein.“

 

Mitte und Ende August kam es dann zu zwei weiteren Zufallsfunden:

      

 

Daraufhin haben wir das LRA informiert, denn bei so vielen Zufallsfunden (insgesamt vier, denn im Nachgang zähle ich eine im Mai gefundene Erdkröte, die tagsüber in einer Pfütze trieb, aufgrund des für den Fliegenbefall typischen Verhaltens, dazu) Von dort wurde uns ein Heilbronner Amphibienspezialist genannt. Er schreibt:

„Von Lucilia bufonivora befallene Erdkröten haben wegen der meist hohen Zahl an Maden praktisch keine Überlebenschance. (…) Befallene Tiere sitzen oft tagsüber matt und apathisch versteckt am Ufer oder irren an Land bei Sonnenschein umher. Es kommt auch vor, dass befallene Tiere samt Fliegenmaden ertrinken. Da auf diese Weise zu Tode gekommene Tiere ihre Gene aber nicht mehr weitergeben können, handelt es sich bei diesem verhalten vermutlich nicht um eine Abwehrstrategie. (…)

Was ich in Jahrzehnten regelmäßiger (Zufalls)beobachtung immer wieder feststellen konnte, ist eine lokale Häufung, d.h. dort, wo man ein/mehrere befallene Tiere festgestellt hat, findet man oft weiteren Befall. (…)

Dass die Klimaerwärmung eine Ausbreitung der Lucilia bufonivora begünstigt, ist anzunehmen, da dann mehrere Fliegengenerationen in einer Saison auftreten und somit epidemische Befälle, die bei lokalen Häufungen anzunehmen sind, zunehmen.“

Zwar besteht (noch) kein Anlass zur Panik, jedoch kann man sagen, Gutes verheißen diese Funde auch nicht.

Sollte jemandem ein Tier mit oben beschriebenen Auffälligkeiten begegnen, bitten wir an Meldung (am besten mit Bild) an uns und/oder Fr. Kielhorn im LRA HN.

 

Eventuelle Bauphase weiterer Windkraftanlagen im Frühjahr 2017

Neben der Krötengoldfliege existieren weitere Bedrohungen für unsere heimischen Amphibien, wie Straßenverkehr, Einsatz von Pestiziden, Klimaerwärmung und anderen.

Eine besondere Gefahr existenziellen Ausmaßes befürchten wir jedoch von der eventuellen Bauphase der beantragten 5 Windkraftanlagen, sofern diese genehmigt werden und keine weiteren Schutzmaßnahmen außer des von Gutachter Hrn. Beck vorgeschlagenen Amphibienzauns für die Amphibien festgelegt werden.

Wie bekannt, wird der Herbert  - Bopp – See beim Seehaus Widdern von einer großen Anzahl an Amphibien, vor allem Erdkröten und Braunfröschen, als Laichgewässer genutzt.

Wir erhielten in diesem Frühjahr (2016) die Gelegenheit, entlang der L 1047 einen Amphibienzaun zu errichten und zu betreuen und können den Zaunverlauf und Effizienz desselben deshalb bewerten. Entlang der L 1047 befindet sich ein Graben, weshalb es nicht möglich ist, den Zaun optimal zu verlegen. Der Graben füllt sich bei Regen mit Wasser, was bedeutet, dass die Eimer nicht unten im Graben posiert werden können, da sich diese ansonsten sofort mit Wasser füllen und die Tiere ertrinken würden. Der Zaun muss somit oberhalb des Grabens gesetzt werden. Das führt dazu, dass die Tiere ihn zumeist nicht erreichen. Sie ziehen entlang des Grabens an den Eimer (die höher liegen) vorbei. Am Zaunende gelangen sie über die Straße und werden Opfer des Straßenverkehrs. Zudem befinden sich entlang der Straße mehrere Zuwege zu landwirtschaftlich genutzten Flächen, weshalb diese vom Zaunverlauf ausgespart werden mussten. Auch hier gelangen die Amphibien auf die Landesstraße und kommen ums Leben.

Durch intensiven Einsatz gelang es uns, rund 2400 Erdkröten aus dem nördlichen Teil des Harthäuser Waldes sicher über die Straße an ihr Laichgewässer zu bringen. Die genaue Erhebung hierzu findet sich auf der Homepage unter: „Krötenzaun 2016 – Statistik“.

        

        

                                                                                                    

  

In diesem Frühjahr fanden sich sehr viele Amphibien am Herbert – Bopp – See ein, sowohl Erdkröten, als auch zahlreiche Braunfrösche. Selbst Bergmolche hatten wir nachts am See gefunden. Es war fast unmöglich, den See zu umrunden, ohne Gefahr zu laufen, auf eines der Tiere zu treten.

    

Unerwartet früh brachen die Tiere bereits am zweiten Laichtag abends zu Hunderten oder gar Tausenden auf. Weil wir darauf nicht vorbereitet waren, kam eine sehr große Anzahl in dieser Nacht ums Leben.Erdkröten benötigen Wald als Lebensraum. Ihre Sommerquartiere befinden sich im Umkreis von bis zu 3 km um das Laichgewässer. Im Herbst ziehen sie wieder in Richtung ihres Laichgewässers und vergraben sich dort zur Winterruhe um bei milderen Temperaturen im Frühjahr loszuziehen.

Aufgrund der geringeren Distanz zum Herbert – Bopp – See ist anzunehmen, dass sich die Hauptlebensräume westlich, südlich und östlich des Sees befinden. Jenseits der L 1047 Richtung, nördlich Richtung Widdern, lebt der geringere Teil der Erdkröten. Dennoch konnten wir aus diesem Gebiet – wie bereits erwähnt – 2400 Tiere sichern. Das lässt vermuten, dass sich die Gesamtanzahl der Tiere auf mehrere Tausend belaufen wird.

In genau diesem Lebensraum sollen die 5 weiteren Anlagen errichtet werden:

(Grafik dem Gutachten entnommen; die roten Linien markieren die Zuwegungen)

 

In der letzten Bauphase 2015 hatte sich die Anlage einer „Logistikfläche“, an welche die Schwertransporte die Bauteile anlieferten, bewährt. Da Schwertransporte nur nachts fahren dürfen, und die Logistikfläche auf dem Amphibienwanderweg der Tiere aus dem nördlichen Gebiet liegt, wurde diese Logistikfläche mit einem Amphibienzaun umzogen und die Amphibien umgeleitet, sodass es zu keinen nächtlichen Begegnungen mit dem Schwerverkehr kommen sollte, was gut gelang.

Die Logistikfläche befindet sich derzeit im Abbau, ohne dass hierzu Rücksprache mit dem Gutachterbüro genommen worden wäre.

Laut Gutachten ist erneut mit einer Anlieferung der Bauteile zum Zeitpunkt der Amphibienwanderung zu rechnen. Diese sollen aber durch den Wegfall der Logistikfläche direkt an die Anlagen verbracht werden. Diese Zufahrten führen alle direkt durch Gebiet, in dem die meisten der Amphibien leben. Zwar ist ein Amphibienzaun vorgesehen, aber nur partiell auf 1,5 km Länge (inkl. L 1047)! Nicht berücksichtigt wurde hier zudem die „Rückreise“ der Amphibien, obwohl Hr. Beck beim Erörterungstermin eingeräumt hatte, diese müsste in jedem Fall bedacht werden.

Ein ganz durchgezogener Zaun auf der Gesamtstrecke von mehreren Kilometern ist nicht umsetzbar, weshalb andere, zusätzliche Maßnahmen unabdingbar sind.

Hr. Beck sieht folgenden Zaunverlauf vor: entlang der L 1047 entlang der nördlichen Straßenseite, entlang der Trautenplanie bis zur Abzweigung Richtung „H10/H6B“ und dort an einigen, kurzen Streckenabschnitten.

Da nicht davon ausgegangen werden kann (obwohl im Prinzip so vorgesehen), dass die Schwertransporte an den Anlagen nach der Zulieferung umdrehen, wie es die Grafik suggeriert, ergibt sich bei Weiterfahrt ein ringförmiger Verkehr rund um den Bopp See (westlich-südlich-östlich durch den Wald, nördlich entlang der L 1047). Erdkrötenmännchen harren stundenlang am Straßenrand auf Weibchen, weshalb sie über einen langen Zeitraum in gefährdetem Bereich sitzen. Man kann davon ausgehen, dass nicht nur Einzeltiere, sondern eine sehr große Anzahl der Erdkröten durch die Schwertransporte erfasst werden: Alle müssen den Ring an irgendeiner Stelle queren!!!

Denkbar wären:

  • Installation einer (kleineren) Logistikfläche
  • Zulieferung ausschließlich außerhalb der Amphibienwanderung
  • Nächtliches Durchfahrverbot während der Amphibienwanderung auch für PKW
  • Komplette Sperrung der nicht benötigten Waldwege (ab Seehaus entlang Langer Grund bis zu H8, sowie Seehausweg)
  • Nichtgenehmigung der weiteren Anlagen!

Ich hatte die Gelegenheit, die aktuelle Planung mit Amphibienexperten anzusprechen. Diese äußerten Unverständnis bzgl. des einseitigen, partiellen Amphibienzauns als Einzelmaßnahme und zeigten sich ebenfalls besorgt, denn bei dieser Planung ist mit sehr großen, erheblichen Verlusten der hiesigen Amphibien zu rechnen, da sämtliche ihrer Wanderstrecken durch den Schwertransport betroffen sind. Mit dem Tötungsverbot nach § 44 BNatSchG ist die momentane Planung nicht kompatibel und somit indiskutabel.

Entwicklung Stand Nov. 2016:

Anfang des November wurden einzelne Altbäume an den geplanten Standorten der neu beantragten Anlagen mit kleinen Zäunen umgeben, damit sich die Amphibien dort nicht eingraben können. Abgesehen davon, dass der Zeitpunkt für diese Maßnahme zu spät lag, da sich die Amphibien bereits in der Winterruhe befanden, wurden keine weiteren Maßnahmen durchgeführt um die Amphibien effektiv am Einwandern in ihre Winterquartiere auf den Anlagestandorten zu hindern. Hierzu hätten alle Standorte mittels Amphibienzaun gesichert werden müssen und über den Sommer die innerhalb des Zauns befindlichen Tiere abgesammelt werden müssen. Es muss davon ausgegangen werden, dass sich die Amphibien längst großflächig an den Standorten und der Umgebung eingegraben und zur Winterruhe begeben haben. Eine Rodung in dieser Saison 2016/2017 ist ohne sehr große "Verluste" nicht möglich - und nach BNatSchG auch nicht erlaubt.

Äußerst erfreulich ist jedoch folgende Meldung: das LRA HN prüft derzeit, eine Art Ersatzlogistik für den nächtlichen Schwerverkehr einzurichten. Hierzu wird die Landestraße einseitig gesperrt werden; die Schwerlasttransporte werden nachts dort eintreffen, aber erst mit Tagesbeginn an die Standorte im Wald anliefern dürfen!

Und: es wird seitens des LRA überlegt, einen Teil der Ausgleichszahlungen in einen festen Amphibienzaun entlang der L 1047 zu installieren, da man erkannt hat, dass es sich hier um eine bedeutsame Erdkrötenpopulation handelt!

 

 

Was uns der HARTHÄUSER WALD zu sagen hat

Seit vielen Jahrhunderten stehe ich zwischen Jagsttal und Kochertal als ein geschlossener Wald, wie es ihn sonst im Unterland nicht mehr gibt. Mehr als 3/4 meiner Bäume sind Laubbäume wie Buche, Eiche, Ahorn und Esche. Sie passen zu meinem Standort und haben viele Vorgängergenerationen.

Über alle Zeit habe ich den Bürgern, die um mich herum wohnen, Arbeit und Brot gegeben, Schutz gewährt, habe ihnen Bauholz und Brennholz geliefert, Beeren, Pilze, Buchele und Eichel für Mensch und Vieh gespendet und ganz selbstverständlich für guten Boden und gute Luft, sauberes Wasser und ausgeglichenes Klima gesorgt. Und wer immer wollte, konnte beim Durchwandern Erholung und vor allem Ruhe finden.

Dafür haben mir die Menschen die ganze lange Zeit gedankt und mich gehegt und gepflegt. Selbst in Zeiten von Hungersnot haben sie mich nicht angegriffen, um auf meinen guten Böden Getreide oder Kartoffeln anzupflanzen. Als ihr Wald, sollte und musste ich Wald bleiben.

Seit wir jetzt aber im Wohlstand leben, ist das leider nicht mehr so!

Wenn ich meine Umgebung betrachte, sind in den letzten 60 Jahren alle Gemeinden ungewöhnlich gewachsen - in den Tälern und aus den Tälern heraus. Es entstanden große Wohngebiete, riesige Gewerbegebiete und Logistikzentren. Die zuvor kleinräumige und strukturreiche Landschaft wurde in großen Teilen ausgeräumt und landwirtschaftlich intensiviert.

Fast komme ich mir wie der ruhende Pol in diesem rasanten Geschehen vor, allerdings nur fast. Denn die Entwicklung hat auch vor mir nicht Halt gemacht: in meinem westlichen Teil wurde die Autobahn A81 mit allen andauernden Nebenwirkungen durchgezogen und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gebaut. Rund eine Million Quadratmeter meiner Waldfläche gingen dadurch verloren. Für unsere moderne Infrastruktur habe ich damit schon sehr große Opfer erbracht.

Trotzdem soll jetzt aber der Angriff auf mich über die ganze Restfläche gehen!

Für 18 Windräder mit einer Gesamthöhe von jeweils 200m läuft das Genehmigungsverfahren, im landeseigenen Teil von mir sollen noch weitere 8 bis 10 hinzukommen. Die Energiewende, die auch ich begrüße, sollen sie befördern. Dabei höre ich, dass es derzeit ausreichend, ja oft sogar zu viel Strom gibt.

Und selbst wenn man mich mit Windkraftanlagen zupflastern würde, wie es unsere Landesregierung gerne hätte, wird die erzeugbare Strommenge für Haushalte, Gewerbe und Industrie bei weitem nicht ausreichen.

Statt dessen bräuchte man zunächst dringend den Bau von Leitungen für Strom, der z.B. von Norden aus Anlagen über dem Meer kommen könnte und Speicherkapazitäten für windarme Zeiten, die ich jahrein, jahraus hier bei mir besonders spüre.

Noch einmal muss ich, der Harthäuser Wald, nun aber von mir selbst sprechen: Ich bin viel mehr als nur die Summe der Bäume, die in mir stehen. Den Lebensraum, den ich bilde, füllen unzählige Pflanzen und Tiere in großer Reichhaltigkeit und Vielfalt. Neben Moosen, Flechten, Gräsern, Kräutern, Blumen und Sträuchern krabbelt, kriecht, schwimmt, springt und fliegt es über verschiedene Stockwerke. Schon in jedem Kubikmeter Waldboden leben Millionen von Mikroorganismen und Bakterien. Jeder Kubikmeter, der für den Windradbau abgeschoben oder ausgebaggert wird, nimmt ihnen Lebensraum und Leben. Und genau so wird es vielen anderen Tieren gehen, von denen es mehr Arten gibt, als selbst meine Betreuer bisher wussten.

Nur als Beispiel genannte wohnen unter meinem bisher unbeschädigten Dach allein 18 Fledermausarten, unter ihnen einige sehr seltene und hochgefährdete wie die Mopsfledermaus, die große Bartfledermaus und das graue Langohr, die ebenso wie viele Vogelarten vor allem der majestätisch schöne Rotmilan, der Schwarzmilan und die Waldschnepfe durch Bau und Betrieb von Windkraftanlagen in ihrem Bestand massiv bedroht sind.

Alle Pflanzen und Tiere bilden eine große Lebensgemeinschaft in einem ökologisch ganz wichtigen, aber auch höchst sensiblen Zusammenwirken. Wie in einer Umweltverträglichkeitsstudie geschehen, kann man dieses System in viele Teile zerlegen und diese einzeln bewerten sowie die zu erwartenden Schädigungen benennen. Es ist jedoch unmöglich, dieses Puzzle danach wieder zusammenzusetzen, weil es dem Ausgangsökosystem in keiner Weise mehr zu entsprechen vermag.

Jeder, der erzählt, ich der Harthäuser Wald würde mich durch und mit dem Bau von 28 Windkraftanlagen nicht verändern, meinen bisherigen Charakter behalten oder sogar wie der Gutachter, ein Herr Beck aus Darmstadt, behauptet, ökologisch wertvoller werden, irrt!!

Jeder Bürger kann ermessen, dass allein die Zufuhr der riesigen Windräder, der für sie notwendige Fundament und Wegebau mit insgesamt rund 100 000 Tonnen Schotter und Beton, angeliefert von rund 13000 Lastkraftwagen, der anschließende Betrieb auch mit laufenden Wartungsfahrten und der gegenüber der heutigen Waldesruhe ständigen Lärmbelastung die Lebensgemeinschaft Harthäuser Wald unumkehrbar zerstört.

Planer, Betreiber, Behörden und Entscheider reden ja leider nicht mit mir, aber ich spüre deutlich, dass sie sich der Verantwortung mir, dem Harthäuser Wald gegenüber nicht bewusst sind. Sie wollen der über Jahrhunderte bewahrten nachhaltigen Generationengerechtigkeit gerade nicht gerecht werden!

Wie bitte will man etwas Gutes wie die Energiewende schaffen, wenn man dafür gleichzeitig mich als wertvolles Waldgebiet massiv stört, in Teilbereichen zerstört?

Im Blick auf den vorhergesagten Klimawandel wäre die uneingeschränkte Walderhaltung zwingend notwendig. Es ist widersinnig, den Wald, der selbst Klimaschutz darstellt, für den Klimaschutz roden zu wollen.

Der Klimawandel wird auch bei uns das Wetter extremer werden lassen: Heftigere Stürme werden den durch die Windräder an vielen Stellen aufgerissenen Wald fortlaufend schädigen.

Starkregen werden auf einen vielerorts betonierten Bodenschwamm treffen, der dadurch einen guten Teil seiner bisherigen Speicher- und Reinigungsfunktion verloren hat, zum Schaden des Grundwassers.

Hitzeperioden treffen auf einen Wald, dessen ausgleichende Klimawirkung stark geschädigt ist und die abendliche Frischluftzufuhr für Jagsttal und Kochertal wird ausbleiben.

Die zahlreichen geplanten Windkraftanlagen werden meinem so natur- und landschaftssensiblen Waldstandort nur schaden und auch das ökologische Gleichgewicht der ganzen Umgebung schädigen und damit alle Menschen treffen.

Deshalb rufe ich alle diese Menschen auf, mir zu helfen und deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass sie das geplante Vorhaben nicht wollen!

Die Energiewende wird ganz gewiss nicht scheitern, wenn der Harthäuser Wald ohne Windkraftanlagen bleiben darf, wie er ist.

 

- die Gedanken des Harthäuser Waldes wurden übermittelt von ForstDir. i.R. Michael Domay, der ihn wie kaum ein anderer kennt und versteht -

 

 

 

Pressemitteilung

anlässlich der Ankündigung auf der Seite der Heilbronner Stimme: http://www.stimme.de/regioticker/Acht-Windraeder-genehmigt;art16233,3263468 über die Genehmigung von 8 Windrädern im Harthäuser Wald.


 

Mit Bedauern und unter großem Protest nimmt die Schutzgemeinschaft Harthäuser Wald e.V. die Genehmigung von Windkraftanlagen im Harthäuser Wald zur Kenntnis.

Wir verurteilen aufs Schärfste die zügellose, flächendeckende Industrialisierung des Harthäuser Waldes. Selbst der bisher ruhige Ostteil des Harthäuser Waldes soll nun mit lärmenden Rotoren bestückt werden. Hier hatten sich auch die Umweltverbände klar dagegen ausgesprochen und eine Konzentration von Anlagen in Autobahnnähe favorisiert. Die vorgesehenen ökologischen Ausgleichsmaßnahmen werden nicht mal ansatzweise den massiven Beeinträchtigungen durch die Windkraftanlagen gerecht. Hier geht es nicht allein um die Flächeninanspruchnahme sondern um die großräumige Schaffung von Störzonen, deren Auswirkungen in der Umweltverträglichkeitsstudie kleingeredet wurden und deren Folgen für das Ökosystem völlig unkalkulierbar sind.

Ferner beklagen wir die systematische und irreführende Vorgehensweise bei der Flächennutzungsplanung: hier wurden mit fadenscheinigen Argumenten die Flächen im Harthäuser Wald schön geredet, Alternativen nicht verfolgt oder unterbewertet. Die Standorttauglichkeit im Sinne des Winderlasses Baden-Württemberg wurde bis heute nicht öffentlich nachgewiesen. Das Zielabweichungsverfahren bei der Regionalplanung wurde ohne jegliche Ausgleichsmaßnahme durchgezogen und damit die Ziele des regionalen Grünzugs, nämlich Freiräume für die naturschonende, nachhaltige Nutzung und für Erholung, konterkariert.

Die Schutzgemeinschaft Harthäuser Wald e.V. hat bereits letzte Woche den Petitionsausschuss des Baden-Württembergischen Landtags angerufen, da im Genehmigungsprozess schwere Mängel festgestellt wurden.

Mit großem Entsetzen erkennen wir zudem, dass im gesamten Genehmigungsprozess die Energiewende als ideologisch geprägtes Dogma einen größeren Stellenwert hat als die artenschutzrechtlichen Gründe, die klar gegen Windenergieanlagen in Wäldern sprechen. Wir hatten dem Landratsamt mehr als 1200 Unterschriften gegen den Windpark übergeben und stellen fest, dass dieser Windpark gegen den Willen einer großen Anzahl von Bürgern der umliegenden Gemeinden gebaut werden soll. Alle im Rahmen der Flächennutzungsplanung erhobenen Einwände der Bürger wurden bis heute von den Kommunen nicht bearbeitet.

Die Schutzgemeinschaft Harthäuser Wald e.V. wird die mit den Baumaßnahmen einhergehenden Veränderungen der Naturräume wachsam verfolgen und dokumentieren, damit die künftigen Generationen diejenigen später zur Rechenschaft ziehen können, die ihre heimatliche Umwelt mutwillig zerstört haben.

  1. Bürgerbeteiligung: Die Bürgerbeteiligung war von Anfang an eine Farce. Harry Brunnet wusste schon bevor der erste Bauantrag gestellt wurde, dass das Projekt kommt. In den Erörterungsterminen sind die Bürger einer Phalanx von Landratsamt und Betreibern gegenüber gesessen, und hatten oft das Gefühl, sich vor diesen für ihre Anwesenheit rechtfertigen zu müssen. Die Fachbeamten des Landratsamts waren bei den Erörterungsterminen nicht anwesend, um dem Parteigutachter des Antragstellers kritische Fragen zu stellen oder die kritischen Fragen der Bürger anzuhören.Die Behauptung, man werde das Gutachten des Parteigutachters von den eigenen Fachbeamten selbständig prüfen lassen, ist offensichtlich unwahr, wenn sich selbst widersinnigste Behauptungen in der Bescheid-Begründung finden. Der Lärm der Windkraftanlagen soll demnach vom Blattrauschen überdeckt werden, weshalb das Erholungsbedürfnis nicht beeinträchtigt würde. Blattrauschen im Fichtenwald? Im Winter? Und warum ist dann eigentlich der Lärm ein Problem für 1000 m entfernte Anwohner? Ein peinliches Zeugnis der Geisteskraft deutscher Beamter! Bei den Erörterungsterminen hat das Landratsamt immer wieder auf Unterlagen Bezug genommen, die nicht Teil der öffentlichen Auslegung waren, weil sie angeblich erst später zu den Akten gelangt seien. Hier wurden die Bürger immer darauf verwiesen, Anträge nach dem Umweltinformationsgesetz zu stellen. Diese wurden gestellt, die Unterlagen wurden nicht herausgegeben – entweder sind dem Landratsamt die entsprechenden rechtlichen Regelungen egal oder die Bürger sind schlicht angelogen worden, weil es die behaupteten Unterlagen zu keinem Zeitpunkt gegeben hat.
  2. Durch die verfrühte Durchführung des Erörterungstermins, um die öffentliche Auslegung maßgeblicher Unterlagen (z.B. zum Baugrund, zur Windhöffigkeit, zur Standsicherheit) zu vermeiden, wurden die Beteiligungsrechte der Öffentlichkeit verletzt, weshalb das Verfahren und damit die Genehmigungen insgesamt rechtswidrig sind.
  3. Die Umweltverträglichkeitsstudie des Parteigutachters Beck war in vielen Punkten mangelhaft, teilweise hat der ausgebildete Geograf Beck den von ihm beauftragten Ökologen im Interesse seines Auftraggebers widersprochen. Die vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen sind unter ökologischen Gesichtspunkten absurd. Die Studie war daher als Planungsgrundlage insgesamt ungeeignet.
  4. Windhöffigkeit: Die wichtigste Begründung für einen schweren Eingriff in ein funktionierendes Ökosystem ist die Erzeugung von viel Windenergie, was mit der Einsparung von Co2 und der Bekämpfung des Klimawandels gleichgesetzt wird. Es wurde von der Schutzgemeinschaft Harthäuser Wald e.V. immer bestritten, dass ein Windertrag erzielt werden kann, der den Vorgaben des Windenergieerlasses für eine Wirtschaftlichkeit entspricht. Tatsächlich wird weiterhin vom Landratsamt im Verwaltungsverfahren nur auf eine Stellungnahme der Fa. RSC vom Mai 2012 Bezug genommen. Das kann nur bedeuten, dass die nachfolgenden Messungen per LIDAR und Windmessmast schlechtere Ergebnisse erbracht haben, die man nicht zu den Akten genommen hat, da das Projekt aus politischen Gründen durchzuführen ist. Wenn schon unsere Anträge nach UIG rechtswidrig abgelehnt werden, hätte ein verantwortlicher Beamter öffentlich erklären können, dass ein ordnungsgemäßes Windgutachten vorliegt und die 5,3 m/s in 100m Nabenhöhe überschritten wird (entspr. 60% Referenzertrag). Wir müssen davon ausgehen, dass das Projekt im Wesentlichen den finanziellen Interessen der Planer und der Kommunen, die die Pachteinnahmen erhalten, dient, ohne einen nennenswerten Beitrag zur Energiewende zu erreichen. Dies ist ein bekanntes Muster bei der Errichtung von Windparks.
  5. Bemerkenswert ist auch, dass immer wieder von der Bedeutung der Beteiligung von Bürgerenergiegenossenschaften gesprochen wird, obwohl es bisher nur die in Hardthausen gibt, die es auch zuvor schon gegeben hat. Mit Spannung werden wir beobachten, ob diese Bürgerenergiegenossenschaften weiterverfolgt werden und mit welchem Zahlenmaterial die den Bürgern versprochene Rendite von 5 % dann unterlegt wird. Es ist bekannt, dass die Anleger bei den meisten Windenergieprojekten tatsächlich keinen Gewinn machen, wohingegen die Verpächter, die Banken, die Projektierer und die Anlagensteuerung durchaus gut verdienen.
  6. Die Öffentlichkeit wird interessieren, dass es für den Fall eines schweren Störfalls am DLR keinerlei Notfallpläne auf der Ebene des Landratsamts oder des Regierungspräsidiums gibt. Immerhin das wurde uns bestätigt.

 

von Annette Schwarz von Specht

5.7.2014, Protokoll zum Ausflug in die Eifel zu Förster Peter Wohlleben

(Alle fachlichen Aussagen stammen von Herrn Wohlleben; ich habe versucht, möglichst ausführlich mitzuschreiben.)

Die Gemeinde Hümmel hat eine eigene Forstverwaltung. Die Kommunen sind hier unabhängig.

Es wurden für den Forst Naturschutzstandards angewandt, die diejenigen von Nationalparks übertreffen. 15% der Waldflächen wurden zum Waldreservat erklärt (alte Laubwälder).

Die Gemeinde Hümmel hat auch keine Flächen für WEA ausgewiesen. Im Umkreis von 30 km2 werden keine WEA gebaut.

Uns wurde ein 140jähriger Eichenbestand gezeigt, der vor 20 Jahren als Totalreservat aus der Nutzung genommen wurde. In ihm befindet sich ca. 40-50 m3 Totholz/ha. Zum Vergleich: Offiziell sollten in Wäldern 16 m3 Totholz/ha verbleiben, inoffiziell sind es jedoch in der Regel nur 2 m3/ha (da auch Kleinholz wie Zweige etc. mit hineingerechnet wird, das aber nicht den ökologischen Wert von großen, möglichst noch stehenden Totholzstämmen hat). In Urwäldern findet man ca. 200 m3/ha.

Da es in unserem Klima keine natürlichen reinen Eichenwälder gibt, entwickelt sich auch dieser Wald allmählich zu einem Buchenwald.

(Anm. z. Eichenprozessionsspinner: Dieses Problem ist menschengemacht. Der Eichenprozessionsspinner geht nur an besonnte Eichen.)

Pro Hektar sollten (nach BAT oder ähnlichen Vorgaben) 5-10 Bäume als künftiges stehendes Totholz (auch "Habitatbäume" oder "Ewigkeitsbäume" genannt) verbleiben. Sie werden schon zu Lebzeiten ausgesucht. Da jedoch zu stehendem Totholz ein bestimmter Abstand für die Bewirtschaftung vorgeschrieben ist (aus Sicherheitsgründen), werden sie nach ihrem Absterben häufig doch gefällt, dafür wird ein neuer Baum als künftiger "Totholzbaum" (oder Habitatbaum) ausgesucht.

(Anm. z. Nationalparks: Gerne werden Fichtenbestände als Nationalpark ausgewiesen, da diese vorher noch "geerntet" werden dürfen.)

Die Fichte ist in Deutschland nur auf wenigen Standorten natürlich, vor allem im Gebirge kurz vor der Baumgrenze. Deutschland ist zu 80% ein Lauburwaldgebiet (auch der Schwarzwald!). Inzwischen bestehen unsere Wälder jedoch zu fast 2/3 aus Nadelwald. Die ursprüngliche Heimat der Nadelbäume ist Skandinavien und die russische Taiga. Dort wachsen die Nadelbäume wegen des kalten Klimas mit langen Wintern sehr langsam. Sie sind darauf eingerichtet, bei Erwärmung sofort mit der Holzproduktion anzufangen, um die kurze Vegetationsperiode ausnutzen zu können. In unserem Klima wachsen sie deshalb sehr schnell und werden auch viel größer als in ihrer nördlichen Heimat. Ab einer Höhe von 25 m sind sie aber nicht mehr stabil und werden sehr leicht vom Wind umgedrückt.

(Anm.: Die bei uns geschützte Rote Waldameise ist ebenfalls nicht bei uns heimisch, sondern ein Kulturfolger.)

Die letzten großflächigen Buchenurwälder der Erde befinden sich im Nordiran.

Bodenverdichtung:

Einmal verdichtete Waldböden können sich nicht mehr regenerieren; sie bleiben dauerhaft gestört. Heute noch lassen sich verdichtete Fahrspuren aus der Römerzeit feststellen. Durch den Einsatz immer schwererer Maschinen wird immer mehr Waldboden schwer geschädigt. Die Wirkbreite der Rückegassen reicht noch 1-2 m über ihre Breite hinaus.

Häufig ist von "Flachwurzlern" und "Tiefwurzlern" die Rede. Das trifft nicht zu, es gibt in Wirklichkeit keine Flachwurzler bei den Bäumen. Flache Wurzelteller werden nur auf gestörten Standorten ausgebildet.

Waldsterben:

In den 70er Jahren war der Säureeintrag durch Schwefelverbindungen in der Luft ein großes Problem, das zu Waldschäden führte. Heute gibt es kaum noch Säureeintrag. Trotzdem findet man immer wieder Kronenschäden (bei der Buche sichtbar an kahlen Zweigen im Wipfelbereich, gefolgt von Kronenverkleinerung). Diese können in Einzelfällen durch Grundwasserabsenkung verursacht werden; häufig sind sie jedoch eher forstwirtschaftlich verursacht. Bei Durchforstungsmaßnahmen wird das komplexe Sozialsystem der Baumbestände vor allem in Form von Wurzelverbindungen ge- bzw. zerstört. Den verbleibenden Bäumen geht es nicht besser (durch weniger "Konkurrenz"), sondern schlechter.

"Mutter-Kind-Beziehungen" bei Buchen:

Junge Buchen, die unter Altbäumen aufwachsen, empfangen nur ca. 3% des Lichtes. Deshalb wachsen sie zunächst nur sehr langsam. Sie bekommen aber über die Wurzeln so viel Zuckerlösung von den Altbäumen, wie sie zum Überleben brauchen. Das langsame Wachstum führt zu einem sehr dichten, zähen, elastischen Holz. Der Baum ist später viel weniger anfällig sowohl für Krankheiten als auch für Sturmschäden. Sobald der Altbaum abstirbt, kann das kleine (1,5-2 m hohe) Bäumchen (das durchaus schon 100 Jahre alt sein kann!) das Licht ausnutzen und in die Höhe und Breite wachsen. Es war für uns sehr eindrucksvoll, so einen 80-100jährigen "Zwerg" neben seiner riesigen 200jährigen Mutterbuche zu sehen.

Bei einer gewünschten Umwandlung von Fichtenwald in Buchenwald sollte kein Kahlschlag vorgenommen werden, sondern die Altfichten als "Ersatzeltern" genutzt werden.

Durch die laufende Auslese im Forst (Herausnehmen von Bäumen mit unerwünschten Eigenschaften) wird der Genpool der Buche stark reduziert. (Der für die forstwirtschaftliche Nutzung unerwünschte Drehwuchs ist eigentlich kein negatives Merkmal, da er ein elastisches Federn des Stammes ermöglicht. Wird er ausgemerzt, gibt es dadurch mehr Sturmschäden.) Das ist auf lange Sicht sehr negativ, da ein großer Genpool die enorme Anpassungsfähigkeit der Buche auch z.B. an Klimawandel ermöglicht. (Die Buche toleriert Temperaturerhöhungen im langjährigen Mittel von bis zu 5°C!)

Deshalb ist es sehr wichtig, zwischen den forstwirtschaftlich genutzten Beständen immer wieder kleine Totalreservate einzustreuen, um den Genpool zu erhalten.

Bäume können auch lernen: Nach trockenen Sommern gehen z.B. Buchen anders mit dem Wasser um; sie sind in der Lage, das vorhandene Wasser effizienter zu nutzen.

Bei starker Hitze kann es im Buchenwald bis zu 10°C kühler sein als außerhalb!

Das Wurzelwerk von Bäumen kann wahrscheinlich sogar als Informationsspeicher dienen. Manchmal findet man im Wald Reste sehr alter Baumstümpfe, die immer noch lebendiges Holz besitzen, weil sie von den umliegenden Bäumen am Leben erhalten werden.

Auch Bäume können einen individuellen "Charakter" haben. Herr Wohlleben zeigte uns eine "Dickkopf-Buche", die jedes Jahr aus den alten Aststümpfen am Stamm neue Äste austreibt, die dann später wieder absterben. Normalerweise wachsen Buchen eher relativ glatt in die Höhe, alte Aststümpfe werden überwallt und treiben nicht wieder aus. Aber offensichtlich gibt es (wie unter Menschen) auch solche, die gerne mit dem Kopf durch die Wand gehen wollen.... ;-)

Holz als Brennstoff ist in der CO2-Bilanz nicht so günstig wie oft behauptet, es liegt etwa zwischen Öl und Gas.

In natürlichen Wäldern wird bei Verrottung der abgestorbenen Bäume das CO2 nur teilweise wieder freigesetzt, die Hälfte wird im Waldboden gespeichert. Ein intakter, ungestörter Waldboden ist der beste CO2-Speicher. (Studie "Carbo Europe")

Wir besichtigten auch den "Ruheforst Hümmel", einen sehr schönen, sehr alten Buchenbestand. Der Wald stockt hier ununterbrochen seit ca. 4000 Jahren! Früher fand eine Nutzung von Einzelbäumen statt, seit 20 Jahren ist er jedoch komplett aus der Bewirtschaftung genommen; es findet nur noch Verkehrssicherung statt. Durch die Nutzung als Ruheforst ist der Wald für 100 Jahre gesichert.

Heute ist nur 1 ‰ des Waldes in Deutschland noch unbeeinflusst vom Menschen. Die Forstwirtschaft gibt die Fläche von Beständen ≥ 160 Jahre mit 3 ‰ an. Diese Fläche ist jedoch nicht einmal dauerhaft geschützt.

Natürlich gibt es in diesem alten Buchenwald auch Tiere, die auf Baumhöhlen angewiesen sind wie den Schwarzspecht und die Bechsteinfledermaus. Letztere wechseln alle 2-3 Tage die Baumhöhle, um zu starkem Parasitenbefall zu entgehen. Bei der Untersuchung von Bechsteinfledermäusen aus diesem Wald stellte man fest, dass sie völlig parasitenfrei waren. Daraus kann man schließen, dass sie mindestens 50 Baumhöhlen zur Verfügung haben. Hochgerechnet kommt man auf einen Bestand von 150 Baumhöhlen im näheren Umkreis, ein Hinweis auf den ökologischen Wert und den hohen Totholzgehalt des Waldes.

Abschließend stellten wir Herrn Wohlleben noch die Frage, wie man als Bürger auf die Bewirtschaftung des Waldes Einfluss nehmen kann. Er sagte uns Folgendes:

  • Öffentlicher Wald (Staats- und Kommunalwald) gehört der Gemeinschaft, also den Bürgern. Der Förster ist nur Auftragnehmer.
  • Forstwirtschaftspläne werden in öffentlichen Sitzungen verhandelt. Dabei kann man fordern, dass sie in allgemeinverständlicher Form dargestellt werden (was häufig nicht der Fall ist). Man kann sie dann kritisch hinterfragen. Bei Bedarf kann man Eingaben an das Umweltministerium machen.

Als Beispiel nannte Herr Wohlleben eine BI bei Bonn, die im Zuge eines Mediationsverfahrens einen Vertrag mit der Staatsforstverwaltung abgeschlossen hat. (http://www.waldfreunde-koenigsdorf.de/)

Alles in allem eine sehr informative Veranstaltung, die allen Beteiligten viel Stoff zum Nachdenken gegeben hat!

Bilder gibt es hier: http://www.schutzgemeinschaft-harthaeuser-wald.de/j/index.php/bilder/2014-07-05